Interview

„Wir wollen einen größeren Mehrwert für unsere Kunden schaffen.“

„Wir können Unternehmen durch stärkere Innovationskooperationen Wettbewerbsvorteile schaffen.“

Im November 2020 hat GELITA Dr. Sven Abend in den Vorstand berufen, seit Januar 2021 ist er CEO des Unternehmens. Im Interview erklärt er, welche Herausforderungen und Chancen er sieht, welche neuen Kapitel GELITA aufschlagen will und warum Kunden künftig noch stärker von der Zusammenarbeit mit GELITA profitieren können.


Herr Dr. Abend Sie sind seit Ende letzten Jahres bei GELITA. Was sind Ihre ersten Eindrücke?

Dr. Sven Abend: Ich bin begeistert. GELITA ist eine tolle Firma mit hoch motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich sehr mit dem Unternehmen identifizieren und über eine beeindruckende Bandbreite an technischem Know-how und Wissen über die verschiedenen Anwendungsgebiete verfügen.


Was an GELITA finden sie so spannend, dass das Unternehmen Sie damit in den Odenwald locken konnte?


Dr. Abend: Der Odenwald ist attraktiv und das Neckartal fantastisch (lacht). Motiviert für GELITA zu arbeiten, haben mich aber die Märkte, die das Unternehmen bedient, mit ihrem starken Fokus auf Nutrition, Health und Pharma. Das sind Märkte mit hohem Wachstumspotenzial, großen Herausforderungen, hoher Innovationskraft und schnellen Innovationszyklen. Um sich dort als Lieferant im B2B-Sektor zu positionieren, muss man ebenso dynamisch und innovativ sein. Gleichzeitig stellen Kollagene und Kollagenpeptide eine interessante Technologie-Plattform dar, die trotz des großen Wachstums in den letzten Jahren noch nicht voll ausgereizt ist. Wir werden noch viele spannende Entwicklungen sehen. Ich glaube auch, dass Gelatine als Produkt neue Potenziale erschließen kann. Wir beobachten in vielen Märkten, die wir heute noch gar nicht bedienen, Herausforderungen bei den Themen Nachhaltigkeit und Ersatz von petrochemischen Rohstoffen. Hier kann Gelatine einen Wettbewerbsvorteil bieten. Ich finde es sehr spannend, dieses Potenzial für GELITA zu erschließen und weiterzuentwickeln.


Was war Ihr erster Gedanke, als GELITA bei Ihnen angeklopft hat? Welches Bild aus Medien und der Außendarstellung des Unternehmens hatten Sie?

Dr. Abend: Meine erste Frage war: Wer ist GELITA (lacht)? Hidden Champions stehen, wie der Name schon sagt, selten im Rampenlicht. Was in meinem Fall sogar verrückt ist, denn GELITA ist ein Lieferant meines vorigen Arbeitgebers. Aber GELITA operiert in einem speziellen Markt und hat ein spezielles Angebot. Als ich GELITA gegoogelt und verstanden hatte, was das Unternehmen macht, war ich Feuer und Flamme.

„Unsere Märkte haben ein hohes Wachstumspotenzial.“

Das hat zwei Gründe. Erstens sind das, wie schon gesagt, die attraktiven Märkte und spannenden Technologie- Plattformen. Zweitens habe ich als Chemiker im Bereich der Kolloid- und Grenzflächen- Chemie promoviert, sodass ich mich bei den Hydrokolloiden, den Kollagenpeptiden und bei Gelatine zu Hause fühle. Es war also auch schnell eine emotionale Bindung da.


Wie klappt eine Einarbeitung als CEO zu Zeiten von Corona?


Dr. Abend: Natürlich wäre es schöner, wenn ich die Standorte weltweit besuchen und die Leute persönlich treffen könnte. Selbst hier in der Konzernzentrale, wo viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Home Office sind, fehlen das persönliche Gespräch und die Möglichkeit sich informell an der Kaffeemaschine auszutauschen oder in kleinen spontanen Get-togethers schnell und effektiv zu lernen. Allerdings hat das letzte Jahr gezeigt, dass wir uns an die Situation anpassen und dies besser funktioniert, als ich dachte. Ich bin erstaunt, wie viele telefonische oder digitale Kontakte ich nach wenigen Monaten trotz der Beschränkungen schon hatte, wie viel ich lernen konnte und wie gut die modernen Technologien helfen, innerhalb kürzester Zeit Netzwerke aufzubauen. Alle ein oder zwei Wochen sende ich beispielsweise in einem Vlog ein Video an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dadurch kann ich spontan Themen transportieren, die mir unter den Nägeln brennen. Das Feedback ist sehr positiv und motiviert mich, den Vlog über Corona hinaus beizubehalten.


Sie waren zuvor Geschäftsführer bei der Dr. W. Kolb AG und zuletzt als COO bei der Lonza Group für den Geschäftsbereich Specialty Ingredients verantwortlich. Welche Ihrer Erfahrungen aus dieser Zeit können Sie besonders gut für GELITA einbringen?

„Nur in enger und erfolgreicher Zusammenarbeit mit seinen Kunden kann ein Unternehmen erfolgreich sein.“

Dr. Abend: Ich habe bis auf eine kurze Zeit in meiner gesamten industriellen Karriere in einem B2B-Ingredients-Geschäft gearbeitet. Ich war immer in artverwandten Märkten, hauptsächlich im Home and Personal Care Bereich, mit ähnlichen Geschäftsmodellen und vergleichbaren Dynamiken unterwegs. Ich habe schon viele Herausforderungen erfolgreich bewältigt, in vertrieblicher, organisatorischer und in operativer Hinsicht. Mein breiter Erfahrungsschatz hilft zudem, den status quo immer mal wieder zu hinterfragen sowie neue Ideen einzubringen und so eine neue Dynamik zu entfachen.

Welche Themen beschäftigen Sie aktuell bei GELITA am meisten?


Dr. Abend: Das ist unsere Markt- und Kundenorientierung. Hier sehe ich ein großes Potenzial, denn wir können die Kunden besser darüber informieren, wie wir mit unserer technischen Expertise in den diversen Märkten einen Mehrwert generieren können. Durch Innovationskooperationen, die näher an der Anwendung sind, können wir Unternehmen Wettbewerbsvorteile verschaffen. Und wir können uns zukünftig deutlicher als Lösungsanbieter positionieren anstatt als reiner Produktverkäufer. Die Kunden sind die wichtigsten Stakeholder, denn nur in enger und erfolgreicher Zusammenarbeit mit ihnen kann ein Unternehmen erfolgreich sein.


GELITA blickt auf mittlerweile 145 erfolgreiche Jahre zurück. Wie geht es weiter?


Dr. Abend: GELITA ist ein erfolgreiches, stabiles Unternehmen. Diese Erfolgsgeschichte weiterzuschreiben, bedeutet für einen CEO, insbesondere wenn er von außen kommt, eine hohe Verantwortung allen Interessensgruppen gegenüber, also den Kunden, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Inhaberinnen und Inhabern und allen, die mit GELITA verbunden sind. Dass man mir diese Verantwortung übertragen hat, empfinde ich als große Ehre. Ich werde alles unternehmen, um diese Erfolgsgeschichte in der nächsten Dekade weiterzuschreiben.


Natürlich wollen wir wachsen. Wir haben dafür alle Voraussetzungen: Wir operieren in sehr attraktiven Wachstumsmärkten. Wir verfügen über ein attraktives Produktportfolio, das verstärkt nachgefragt wird und überdurchschnittlich wächst. In unserer Innovationspipeline steckt ausreichend Potenzial, um GELITA breiter aufzustellen und in der nahen und fernen Zukunft ökonomisch noch stabiler zu machen.


Wie will GELITA weiter expandieren?


Dr. Abend: GELITA hat in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich die Märkte für Kollagenpeptide entwickelt. Was die Technologien und Innovationskraft in diesem Bereich anbelangt, ist GELITA definitiv führend. Wir investieren viel in solide klinische Studien, um die Funktionalität und Wirksamkeit der Kollagenpeptide zu untermauern. GELITA sieht sich weiter als Vorreiter, neue Anwendungsgebiete, neue Wachstumsmärkte zu erschließen. Allerdings ist unser Hauptrohstoff tierischer Natur, was gewisse Herausforderungen mit sich bringt, denn in diesen volatilen Märkten geht es auch um Nachhaltigkeit und Konsumentenverhalten. Wir arbeiten daran, auf biotechnologische Weise Kollagenpeptide zu produzieren und tragen dafür Sorge, dass wir langfristig mit unserer Expertise am Markt bestehen.


Welche Trends und neuen Märkte sind für GELITA besonders interessant?


Dr. Abend: Neben den klassischen Märkten Nutrition und Pharma sehen wir die Möglichkeit, Gelatine in technischen Anwendungen einzusetzen und neue Anwendungsgebiete zu erschließen. Hier können wir erste Erfolge vorweisen. Noch sind es kleine, aber feine Projekte, in denen eine Menge Potenzial steckt. Sie sind getrieben durch den aktuellen Trend, bestimmte Rohstoffe zu ersetzen und Alternativen zu entwickeln. Wir sind überzeugt, dass wir mit unserem Technologie- Portfolio daran partizipieren können.


Was sind mit Blick in die Zukunft die größten Herausforderungen für GELITA?

Dr. Abend: Natürlich haben wir diverse Herausforderungen zu bestehen. Kurzfristig ist auch unser Geschäft durch die aktuelle Lage beeinträchtigt. Viele Vertriebskanäle, Anwendungsmärkte etc. leiden signifikant unter den Beschränkungen des öffentlichen Lebens. Wir haben die komplexe Aufgabe, diese schwere Zeit gemeinsam mit unseren Kunden und unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durchzustehen und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Und dann auf die Erholung gut vorbereitet zu sein und gemeinsam mit unseren Kunden wieder zu alter Stärke zurückzufinden.

„GELITA sieht sich weiter als Vorreiter für neue Anwendungsgebiete und Wachstumsmärkte.“

Andere Herausforderungen sind die zunehmenden Volatilitäten in den Lieferketten, sei es die Zugänglichkeit der tierischen Rohstoffe, seien es globale Logistiknetzwerke. Wir arbeiten deshalb an weltumspannenden neuen Logistikkonzepten und Lieferkettenoptimierungen, sodass wir langfristig und nachhaltig auf Schwankungen reagieren können.


Was haben Sie sich für die nächsten Jahre vorgenommen?


Dr. Abend: Ich bin ganz klar angetreten, um GELITA weiter durch eine profitable Phase des Wachstums zu führen. Es würde mich freuen, wenn sich dies in der mittel- bis langfristigen Zukunft auch durch entsprechende Resultate manifestiert, sprich, dass wir substanziell den Umsatz von GELITA weltweit  verbessern können.


Wie schalten Sie vom Arbeitsalltag ab?

Dr. Abend: Ein CEO arbeitet 24 Stunden, 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr (lacht). Im Ernst, ich suche aktiv die Ablenkung, das braucht man, um den Kopf frei zu kriegen. Das gelingt mir hauptsächlich beim Sport gemeinsam mit meinen beiden Teenager-Söhnen und meiner Frau. Ich bin ein leidenschaftlicher Windsurfer, Segler und Skifahrer. Und seit neuestem haben wir einen Border Collie, durch denn ich viel in der Natur bin, wo ich abschalten und die Batterien aufladen kann.


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